Eine humanitäre Krise bahnt sich an

Hans-Christian Rößler, :

Die israelische Aufforderung ist beispiellos. Das Militär hat am Freitagmorgen in einer Mitteilung „alle Zivilisten von Gaza-Stadt“ dazu aufgerufen, „zu ihrer ei­genen Sicherheit und ihrem Schutz ihre Häuser zu verlassen und sich in das Gebiet südlich des Wadi Gaza in Sicherheit zu begeben“. Das gelte auch für alle Gebiete im nördlichen Gazastreifen. Insgesamt sind das mehr als eine Million Menschen.

24 Stunden soll die Zivilbevöl­kerung laut Vereinten Nationen unter Be­rufung auf israelische Angaben bekom­men, um sich in den südlichen Gaza­streifen zu bewegen. Innerhalb Gazas sind seit dem vergangenen Samstag schon mehr 420.000 Menschen auf der Flucht. Mehr als die Hälfte von ihnen haben in 92 Schulen des UN-Hilfswerks UNRWA Schutz gesucht, die nun geräumt werden sollen.

Wegen der andauernden Luftangriffe können sich die Rettungskräfte in Gaza nicht mehr frei bewegen, in den überfüllten Krankenhäusern geht der medizinische Nachschub aus. „Wenn die Bombardements nicht aufhören und ein humanitärer Korridor eingerichtet wird, wird es das palästinensische Gesundheitssystem nicht bis zum Ende dieser Woche schaffen“, zitierte der Sender CNN den britisch-palästinensischen Arzt Ghassan Abu-Sitta, der in einem Krankenhaus im Norden Gazas arbeitet. Zuvor hatte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz davor gewarnt, dass angesichts der von Israel unterbrochenen Stromversorgung die Gefahr wachse, dass sich Krankenhäuser „in Leichenhallen“ verwandeln.

Doch selbst wenn es die mehr als eine Million Menschen in den Süden Gazas schaffen würden, hat der ländlicher geprägte Süden kaum ausreichend Kapazitäten für ihre Unterbringung. Die Flüchtlinge würden sich dann in einem unwirt­lichem Gebiet am Rand der Wüste ohne Ausgang drängen.

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